SPIRIT Nr. 08 (1. Quartal 1998)

Top-Stories

Deutsche Meisterschaft 1998

In der Freien und Hansestadt Bremen gehört es zu den typischen Pflichtprogrammen eines Touristen, auch das romantische Schnoor-Viertel zu besuchen. In engen Gassen können Besucher dort das Flair vergangener Jahrhunderte erahnen und so manches Andenken mit nach Hause nehmen. In einem solchen denkmalgeschützten Haus befindet sich die Hanseatische Sportmarketing GmbH, die sich auf das Organisieren von Sport-Events spezialisiert und den Auftrag vom AFV Nord (Bremen) erhalten hat, die Deutschen Cheerleading-Meisterschaften in den nächsten drei Jahren zu organisieren. Als Geprächspartner standen SPIRIT der Geschaftsführer der Gesellschaft, Jens Eckhoff, und die Projektleiterin der Deutschen Meisterschaft, Inka Prüser, zur Verfügung, die zur Zeit die 98er Meisterschaft, die am 7. März stattfinden soll, vorbereiten. SPIRIT: Wie kommt denn eine Marketinggesellschaft zum Cheerleading? Jens Eckhoff: Dem Football bin ich schon seit einiger Zeit freundschaftlich verbunden und gehörte zu den ersten Mitgliedern der Bremen Buccaneers. Damals haben wir im Vorstand die Etablierung des Cheerleading gegen viele Widerstände vorangetrieben, weil ich aus eigener USA-Erfahrung 1979 gelernt habe, daß Football und Cheerleading eine untrennbare Einheit darstellen beziehungsweise Cheerleading dazu beiträgt, den American Way of Life zu propagieren und damit auch Football nach vorne bringen kann. Wir finden auch, daß durch solche Veranstaltungen der Standort Bremen gefördert und das Image der Stadt verbessert werden kann. SPIRIT: Was kann der interessierte Fan im März 1998 in Bremen erwarten? Jens Eckhoff: Wir befinden uns aufgrund der Erfahrungen der letzten Meisterschaften im Vorteil und können aus getätigten Fehlern lernen. Wir wollen, daß die Deutsche Meisterschaft in Bremen keine Geheimveranstaltung für Insider wird, sondern rechtzeitig in der Öffentlichkeit auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht wird. In Bremen und im Umland werden rund 3.400 Geschäfte mit Veranstaltungs-Plakaten bedacht. Die Deutsche Meisterschaft des letzten Jahres war nach unserer Meinung einfach zu langatmig organisiert. Das Fernsehen zum Beispiel hatte keine Möglichkeit, über die Meisterschaft in Mannheim zu berichten, da erst am Abend nach sieben Stunden die Resultate feststanden. Wir planen daher mit einer Länge von drei bis vier Stunden. Zur Zeit laufen mit interessierten Sponsoren und externen Medienvertretern Gespräche, um Unterstützung bei der Berichterstattung und der Vorbereitung zu erhalten. Uns ist es ferner wichtig, daß die Cheerleader sich auch in Bremen wohlfühlen werden. So waren bisher die Umkleidekabinen nicht zufriedenstellend. Im Foyerbereich ist geplant, Sponsoren und Unternehmen die Gelegenheit zu geben, sich zu präsentieren, und die Vermarktung von Produkten beziehungsweise Merchandising-Artikeln zu fördern. SPIRIT: Wie hoch ist der Etat der Deutschen Meisterschaft angesetzt? Jens Eckhoff: Wir planen 1998 mit einem Etat von 100.000 DM und peilen als Ziel eine Zuschauerbeteiligung in Höhe von 3.000 bis 3.500 Besuchern an. Eine Steigerung des Budgets ist in den weiteren zwei Jahren vorgesehen. SPIRIT: In den Plakaten der Sport-Events taucht immer wieder die Weltkugel und der Schriftzug »Ladies First« als Logo auf. Inka Prüser: Das gehört zu unserem Konzept und ist ein Markenartikel unserer Firma. Damit wollen wir speziell auf den Frauensport aufmerksam machen und ihn propagieren. SPIRIT: Wie tief müssen die Besucher und Fans in die Tasche greifen, um die Meisterschaft sehen zu können? Inka Prüser: Wir bieten drei Sitzkategorien zwischen 13 und 25 DM an. Ermäßigte Karten für Studenten etc. stehen ebenfalls zur Verfügung (10-15 DM).

 

Cheerleader in Deutschland auf Abwegen?

Cheerleading ist eine Sportart, die aus dem Mutterland des American Football, den USA, kommt. Cheerleading steht für Begeisterung, Freude, Spaß, Athletik und Show. Die nationalen College- und High-School-Meisterschaften werden landesweit auf den führenden Fernsehsendern übertragen und erfreuen sich stetig steigender Zuschauerzahlen. Cheerleader-Meisterschaften können sich vor Anmeldungen kaum retten. Die Bewertungskriterien sind einheitlich und überschaubar. Leider fällt es einem immer schwerer, in dieser Beschreibung das deutsche Cheerleading wiederzuerkennen. Nicht daß alles schlecht ist in unserem Land, aber man gewinnt den Eindruck, daß sich die Entwicklung in Deutschland immer weiter von dem Beispiel USA wegbewegt. Man will vielleicht seinen eigenen Stil entwickeln und vorantreiben, aber warum nicht einfach mal im Mutterland des Cheerleading Ideen und Regelungen übernehmen? Bis auf die Ausnahme in Bayern sind in allen Landesverbänden die Teilnehmerzahlen an den Landesmeisterschaften zurückgegangen. Man erfährt von vielen Stellen, daß dies neben Nachwuchsmangel auch an dem unübersichtlichen Paragraphendschungel des deutschen Regelwerkes liege. Als Zuschauer bei den Landesmeisterschaften hat man oft den Eindruck, daß nur noch ein vorgegebenes Programm heruntergerasselt wird. Es fehlen die wirklichen Elemente, die den Zuschauer sonst immer so begeistert haben. Es fehlt auch das Stimmungmachen der Cheerleader beim Einlauf vor dem Meisterschaftsprogramm. Daß dies den Teilnehmern von Juroren verboten wurde, erntet bei den Außenstehenden und auch vielen Insidern nur Kopfschütteln. Sicherlich soll nicht der gewinnen, der die beste Show oder das netteste Kostüm bietet. Aber es verliert sich immer mehr der eigentliche Zweck; nämlich das Publikum zum Mitmachen zu animieren. Cheerleading ist eine kreative Sportart, die auch, wenn nicht sogar in erster Linie, von der Show lebt. Man sollte sich von dem Gedanken lösen, für diesen Sport eine Musterbewertung finden zu müssen. Das, was ähnlich künstlerisch orientierten Sportarten wie Tanz oder Eiskunstlauf nicht gelingt, nämlich alles in Regeln zu fassen, kann im Cheerleading ebenfalls nicht gelingen. Cheerleading lebt von seinen Ideen und spontanen Einfällen. Sehr oft fällt einem bei den jetzigen Entwicklungen nur noch das Schlagwort »typisch deutsch» ein. »Typisch deutsch» für starrsinnig und Paragraphenreiterei. Sicherlich müssen auch für das Cheerleading Regeln da sein wie für andere Sportarten auch, aber mit der jetzigen Entwicklung geht dem deutschen Cheerleading mehr verloren, als es gewinnt. Der Reiz des etwas anderen, das Exotische, der Flair des Showbusiness und die überwältigende Begeisterung, die bei vorangegangenen Veranstaltungen oder in den USA Cheerleading ausmacht. Diese Kritik soll kein Niedermachen aller Bemühungen sein, Cheerleading nach vorne zu bringen, sondern ein Denkanstoß, einzulenken und Cheerleading zu dem zu machen, was es ist: eine ernstzunehmende Sportart mit viel Spaß und Kreativität. Eben ein Augenschmaus für jeden Betrachter.

 

NCA International - Cheerleading Championship

Endlich ist es soweit! Am 23. und 24. Mai 1998 finden die ersten nach amerikanischem Prinzip durchgeführten internationalen Cheerleader-Meisterschaften in Deutschland statt. Mit der National Cheerleader Association (NCA) und dem Freizeitpark Warner Bros. Movie World haben sich zwei erfahrene und professionelle Partner gefunden, die dieses Unternehmen im Rahmen des im Warner Bros. Movie World Parks stattfindenden »American Football Weekend» präsentieren wollen. Die National Cheerleader Association möchte diese Gelegenheit nutzen, um mit möglichst vielen europäischen und amerikanischen Cheerleadern das 50jährige Jubiläum der ältesten Cheerleader-Organisation gebührend zu feiern. Die fachliche Organisation dieses Wettkampfes liegt in den Händen der NCA. Die Meisterschaft soll nach amerikanischen Prinzipien durchgeführt werden. Deshalb wird auch die Jury aus NCA-Wettkampfrichtern aus den USA besetzt. Folgende Divisions (Abteilungen) sind geplant: Cheer Damen, Cheer Jugend, Cheer PeeWees, Co-Ed (mit männlicher Beteiligung), Co-Ed Jugend, Dance, Partner Stunt Competition (1 Mann, 1 Dame + 1 Spotter), Stunt Team (5 Damen), Individuals (einzelne Cheerleader), High School Division (amerikanische High Schools in Europa). Anmeldungen zu dieser Meisterschaft werden aus ganz Europa angenommen und sind natürlich auch nicht auf Football-Cheerleader beschränkt. Cheerleader aus allen Sportarten sind eingeladen, an dieser Meisterschaft teilzunehmen. Beide Partner sind bemüht, neben den typisch amerikanischen Pokalen auch Sachpreise zu stellen. Doch auch für die Mannschaften, die keine Trophäe mit nach Hause nehmen, ergibt sich die Möglichkeit, in den auftrittsfreien Zeiten mit dem gesamten Team den Freizeitpark zu nutzen. Laut Veranstalter werden Ende Januar Informations- und Anmeldeunterlagen an alle europäischen Vereine geschickt werden. Squads, die nicht in den Adresslisten von NCA stehen, werden gebeten, sich an das NCA-Büro Europa zu wenden.

 

Nord-Süd-Gefälle

»Sag mir, wo die Blumen sind« war einer der Klassiker in den 70er Jahren. Im übertragenen Sinne läßt sich das auch auf das Cheerleading im Süden Deutschlands anwenden: Sag mir, wo die Squads sind. Bei den Meisterschaften in Hessen, Baden-Württemberg und Saarland/Rheinland-Pfalz meldeten weniger Squads als im Vorjahr, allein der bayerische Landesverband konnte die Teilnehmerzahl steigern. Ein Armutszeugnis waren die Titelkämpfe im »Ländle«: Nur insgesamt neun Teams gingen an den Start, jeweils drei bei der Jugend, den Damen und den Mixed-Teams. Nur in Bayern konnte der Trend umgekehrt werden, die Teilnehmerzahl bei der Meisterschaft erstmals wieder gesteigert werden. Im Cheerleading Deutschlands scheint es also irgendwie ein Nord-Süd-Gefälle zu geben. Stunts oder Cheers, die im Süden top sind, gehören im Norden bereits zum alten Eisen. Eine Entwicklung, der durch ungünstige Camp-Termine noch Vorschub geleistet wird. Bezeichnend für die Entwicklung im Süden ist das Cheerleading in Hessen. Zwar waren bei den Hesssichen Meisterschaften mit den Nauheim Wild Girls und den Cheerleadern der Frankfurt-West Wildcats zwei Neulinge am Start, gleichzeitig haben Traditionsteams aus Darmstadt, Neu-Isenburg und Marburg auf einen Start verzichtet. Als positiv ist aber durchaus die Entwicklung im Mixed-Bereich zu bezeichnen. Zwar gibt es in Hessen zur Zeit nur zwei Mixed-Teams, doch gerade die Frankfurt Sky Angels können durchaus als eines der hoffnungsvollsten Teams - zumindest im Süden - bezeichnet werden. Wie sie im bundesweiten Vergleich aussehen, wird sich erst auf den Deutschen Meisterschaften zeigen. Doch in Hessen ist auch nicht alles Gold, was glänzt. Die Ladies of the Ocean, immerhin dreimaliger Hessischer Meister aus Mühlheim, wird es im nächsten Jahr nicht mehr geben, da sich der Football-Verein aufgelöst hat und der größte Teil des Team sich den Neu-Isenburg Jets anschließen wird - aber auch die Cheerleader der Mühlheimer gehen nach Neu-Isenburg, so daß dort das Squad immerhin qualitativ verbessert wird. Auch in den anderen Bundesländern und ihren Landesverbänden ist die Entwicklung ähnlich gewesen. Zahlreiche Teams haben sich zusammengeschlossen, was selbstverständlich eine Auswirkung auf die Mannschaftsstärke hat, aber auch die Zahl der Squads schrumpfen läßt. Eine positive Ausnahme bildete in diesem Jahr der bayerische Landesverband. Erstmals konnte die Teilnehmerzahl bei den Landesmeisterschaften gesteigert werden. Auch setzte wieder ein Mixed-Team die Akzente: Die Oberelchingen Blue Flash qualifizierten sich ebenso für die Deutschen Meisterschaften wie auch die Frankfurt SkyChiefs. Insgesamt kann man sagen, daß das Nieveau im Süden erneut gestiegen ist. Bei allen Landesmeisterschaften war die Punktdifferenz zwischen den einzelnen Teams nicht mehr so groß wie im Vorjahr. Trotzdem muß der Süden noch einiges unternehmen, daß es auch dort gute Squads gibt, welche die Sportart bei Deutschen Meisterschaften und Europameisterschaften auch entsprechend vertreten können. Gerade das Beispiel Oberelchingen macht deutlich, daß sich die jeweiligen Landesverbände auch Squads aus anderen Sportarten außer Football öffnen sollten. Denn nicht nur beim Football wird gecheert und werden Pyramiden gebaut, auch im Basketball, Fußball oder Eishockey gibt es mittlerweile genügend Teams, die auch auf den Meisterschaften starten dürften. Es müßte diesen Teams halt nur deutlich gemacht werden, daß sie auch erwünscht sind und Cheerleading keine Sportart für einen exklusiven Kreis ist.

 

Inhalt

Meisterschaften

Von Bayern bis Schleswig-Holstein

 

Porträt

B.J. Valentine - Leben für den Tanz

 

Rundblick

Jade Parrots

Hagen Squirrels

Pantherettes

Pillenstein Patriots Cheerleader

Salty Duchess

Starlets

Red Diamonds

Pyromaniacs

Deutschland I

Nord-Süd-Gefälle

 

Deutschland II

Interview mit Cheerleader-Beauftragte - Petra Sartowski

 

Kurzporträt

Minarettes - Sport statt Sucht

 

Teamporträt

Mixed-Team der Frankfurt Skychiefs

 

NFL Europe

Mehr Qualität bei der Galaxy

 

Technik

Mehr Sicherheit für Sprunggelenke

 

USA/College

Meister ihres Fachs: Die UCF-Cheerleader

 

Deutschland III

NCA und Warner Bros. Movie World: Zukunftsträchtige Zusammenarbeit

 

Die ausführlichen Texte und viele Informationen mehr

finden Sie in der vorgestellten SPIRIT-Ausgabe