SPIRIT Nr. 07 (4. Quartal 1997)

Top-Stories

Cheerleading in Nordrhein-Westfalen

Wie schon beim American Football gehört der Westen zu den Geburtsorten des Cheerleadings in Deutschland. Hier fand Anfang der 80er Jahre eine Konzentration der erfolgreichen Mannschaften statt. Bald kam man dahinter, daß man dem großen Vorbild aus den USA nacheifern und eine Truppe anfeuernder und tanzender Mädchen an die Sideline stellen sollte. So hatten die Düsseldorf Panther bereits 1983 eine eigene Cheerleader-Truppe, die Pantherettes. Langsam bildeten sich auch anderswo einige Squads. Leider war es zu der Zeit nicht gerade einfach, an Informationen über Cheerleading zu kommen. Einige Mädchen hatten auf Amerikareisen etwas gesehen, andere Teams bedienten sich der Ehefrauen amerikanischer Spieler, die meist in irgendeiner Form im Heimatland gecheert hatten. Doch im Laufe der Jahre kamen immer mehr Teams dazu. Der eigentliche Wendepunkt in der bis dahin doch eher zähen Entwicklung war die erste Cheerleading-Meisterschaft im Rahmen des Endspiels 1988 im Berliner Olympiastadion. Während, abgesehen von den Aktiven, die meisten Zuschauer die Mädchen nur als nettes Beiwerk sahen, setzte sich nun langsam aber sicher Cheerleading als Sportart durch. Immer mehr Teams bildeten sich, und auch die ersten Mixed-Squads erschienen auf der Bildfläche, zum Beispiel der Deutsche Meister aus Köln, Goldflash. Zu Beginn der Entwicklung waren Football und Cheerleading unzertrennlich, doch mittlerweile gibt es in Nordrhein-Westfalen diverse Squads, die mit genausoviel Enthusiasmus ihr Team anfeuern, sei es nun Basketball, Eishockey oder Fußball. Und ganz neu ist, daß auch ein Handball-Bundesligist eine Truppe für die ganze Saison angeheuert hat. Auch das Niveau ist stark gestiegen. Kaum ein Team, das sich zur Spitzenklasse zählt, das ohne Flickflack und gewagte artistische Einlagen auskommt. Während NRW einst zu den Hochburgen des Cheerleading zählte, hinkt man qualitativ inzwischen etwas hinterher. Zwar kommen nach wie vor die meisten Squads aus dem Westen, die Meister aller Kategorien sind aber mittlerweile im Norden zu suchen. Doch ist schon wieder Land in Sicht. Immer mehr Teams bauen auf eigene Jugendsquads und Lehrer aus dem Mutterland des Cheerleading. Außerdem siedeln sich zunehmend US-amerikanische Cheerleaderorganisationen an. So liegt zum Beispiel in der Nähe von Köln das europäische Hauptquartier einer der größten amerikanischen Cheerleader-Organisationen, der NCA. Gleich nebenan, in Düsseldorf, ist die Heimat von Rhein Fire, dem World Bowl Finalisten und einzigen Profi-Football-Team in NRW, damit verbunden das wohl professionellste und über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannteste Cheerleader-Squad, die Pyromaniacs. Doch gerade hier zeigt sich, wie sehr die Meinungen über das Cheerleading auseinandergehen. Die einen meinen, die Squads sollten mit netten Kostümen und akrobatischen Leistungen dem College-Ideal entsprechen, während die anderen Cheerleading als durchgeprobte und gestylte Show nach NFL-Vorbild sehen. Dem Betrachter bleibt es überlassen, was ihm oder ihr besser gefällt. Nur eines sollte klar sein: Cheerleading ist beides!

 

Every little girls dream - Die Dallas Cowboys Cheerleader

Wenn man von Cheerleadern in profesioneller Form spricht, dann kommt man um das erfolgreichste und populärste Team der USA nicht herum - America's Sweethearts - die Dallas Cowboys Cheerleaders (DCC). Obwohl die Cowboys immer Cheerleader hatten, begann das Phänomen DCC erst 1976. Zuvor waren es in den 60er Jahren eine kleine Zahl von High-School-Studentinnen. Anfang der 70er Jahre wurden dann sieben junge Damen im Alter von 18 Jahren aufwärts genommen und in neue Uniformen gesteckt. Der große Wendepunkt kam dann beim Superbwl X im Januar 1976, als die Fernsehkameras auf die neue Attraktion an der Seitenlinie aufmerksam wurden. Der Dallas Cowboys Cheerleader wurde zur neuen Form des Football-Entertainments für den Fan im Stadion oder die Zuschauer am Bildschirm. Schnell erkannte das Management die Möglichkeiten, und so wurde beschlossen, im Frühjahr 1976 einen öffentlichen Wettbewerb zur Auswahl der Cheerleader zu veranstalten, um die Anzahl dieser stark zu erhöen. Man fand 250 Bewerberinnen. 1982 waren es schon 2.000 und heute sind es bis zu 5.000 Bewrberinnen pro Tryout für das 36 Frauen starke Squad. Damals wie heute gelten die folgende Grundregeln: 1. Man muß zum Zeitpunkt der Sichtung mindestens 18 Jahre alt sein (nach oben gibt es keine Altersbegrenzug) 2. Ein High-School-Abschluß ist obligatorisch beziehungsweise muß bevorstehen; 3. Man muß Vollzeitstudentin oder voll berufstätig sein 4. Falls ausgewählt und nicht ortsansässig, muß man in die Gegend Dallas/Fort Worth umziehen. So kommen in der Regel Vertreterinnen aus 30 Bundestaaten und aus Kanada zu den Tryouts. Diese sind unterteilt in Vorausscheidungen, Halbfinals und Finalausscheidungen. Aktive Squad-Mitglieder müssen in den Finals ihren Platz im Squad verteidigen. Also müssen auch sie durch das Tryout. 1977 waren es gerade mal zwei TV-Auftritte (Nationwide), das NBC Rock'n Roll Classic und das ABC Osmond Brothers Special, die die DCC absolvierten. Heute sind sie das ganze Jahr gern gesehene Gäste bei allen Sendern und allen Sendungen, inbesondere Jay Leno (Talkmaster der Tonight Show) ist ihr erklärter Fan. Neben Auftritten für Werbe- und Wohltätigkeitszwecke im Großraum Dallas treten sie nicht nur in Texas sondern in den gesamten Vereinigten Staaten auf. Und auch in Übersee machten sie die Cowboys und den Sport populärer. Der erste Auftritt war 1978 eine 14tägige Tour durch Japan. Es folgten die USO-Touren (Auftritte bei den im Ausland stationierten US-Truppen) nach Korea, Deutschland, Griechenland, in die Türkei, an den Indischer Ozean, auf die Phillipinnen usw. So führte die letzte Tour zwölf der DCC im Dezember 1996 nach Bosnien und Ungarn. Zweck der USO-Tours war und ist, die Moral der US-Truppen zu verstärken, die DCC treten etwa eine Stunde auf und nehmen dann auch am sozialen Leben der Soldaten teil (gemeinsame Mahlzeiten, Gespräche über die Cowboys, die Staaten und die Angehörigen). Die Cowboys-Organisation ist extrem stolz auf die große Reputation, die die DCC bei den Amerikanern im ganzen Land haben. Der Erfolg läßt sich vielleicht in der Philosophie der DCC erklären Jeder Fan - im Stadion oder am Fernseher - hat seine Vorstellung von seiner Traumfrau, und die Dallas Cowboys Cheerleader bieten für jeden etwas, damit dieses Traumbild erreicht wird. Sie sind intelligent, energiegeladen, hübsch, vertreten alle Sparten von Berufen (von der Lehrerin über die Sekretärin, die Flugbegleiterin, die Studentin, die Werbefachfrau, die Verkäuferin, das Model etc). Manche sind ledig, manche verheiratet. Sie sollen einen Querschnitt der typischen Amerikanerin darstellen. Um dieses Ziel zu erreichen und vor allem, um erfolgreicher Cheerleader zu werden, ist aber ein hartes Trainig nötig. Nach dem Tryout wird von Mai bis Juli täglich, danach noch dreimal die Woche vier Stunden und mehr trainiert und eiserne Disziplin geübt, um das Mindestrepertoire von über 50 Tänzen zu erlernen. Sollte eine Dame mal ein Training vor einem Heimspiel verpassen, darf sie nicht beim Spiel auftreten. Bei zwei verpaßten Trainingseinheiten ohne akzeptablen Grund fliegt sie ganz einfach raus. Alles - vom Erscheinungsbild über das Auftrittsverhalten bis hin zu moralischen Fragen - ist exakt geregelt. Die Kostüme dürfen nicht privat getragen werden, jeder Auftritt wird von der Dallas Cowboys Cheerleader, Inc. genehmigt oder nicht. Die Cheerleader reisen nie mit dem Team. Nur bei Spielen in Dallas und beim Super Bowl treten sie auf. Kontakt zu Spielern ist strengstens untersagt. Die meisten haben nie einen Spieler getroffen. Bei Veranstaltungen, die Übernachtungen beinhalten, ist immer eine der Direktorinnen dabei. Man reist nur als komplette Gruppe. Allein fährt niemand. Der Dallas Cowboys Cheerleader verdient kein Gehalt, er erhält zwar eine Aufwandsentschädigung, aber das ist auch schon alles. Auf die Frage, warum die Cowboys Cheerleader so erfolgreich seien, antwortete die Direktorin Susanne Mitchell: »Wir suchen einfach den Querscnitt der amerikanischen Frau. Wir wollen 'every day ladies'. Viele sind zum ersten Mal von zu Hause weg. Sie müssen gut erzogen, gut informiert sein, um die Dallas Cow-boys in erstklassiger Manier zu repräsentieren. Ein Cheerleading-Team wird nur so populär sein wie das Team, das es repräsentiert, und diese jungen Damen können sich glücklich schätzen, dies für das beste Team zu tun.«

 

Cheerleaders goes Hollywood! - »Sara Amerika«

Maskenbildner, Kostümbildner, Regieassistenten - mein Telefon lief Anfang März heiß! Jeder wollte Informationen über Cheerleader und Cheerleading-Uniformen; wie Cheerleader geschminkt, frisiert, gekleidet sind etc. Die Damen und Herren vom Film waren ziemlich beeindruckt, als ich ihnen die Vielseitigkeit des Sports nicht in fünf Minuten, sondern in mehreren längeren Telefonaten erklären mußte. Letztendlich stellte sich heraus, daß es sich um zwei unterschiedliche Film- beziehungsweise Videoprojekte handelte. Unsere ersten Erfahrungen mit der Filmbranche sammelten wir anläßlich der Dreharbeiten zum Prinzen-Video »Ich hab' heut' Geburtstag«. Unsere anfängliche Begeisterung nahm während der neunstündigen Dreharbeiten etwas ab, da wir lediglich eine Blaskapelle darstellen sollten und ansonsten inmitten einer Menge von »Partygästen« verschwanden. War nix mit Cheerleader-Werbung im Fernsehen - im Video sieht man lediglich die goldenen Pompons ab und zu aus der Menge blitzen! Auch der ganze Dreh lief teilweise sehr chaotisch ab. Wir waren jedenfalls um eine Erfahrung reicher. Aber vielleicht ist ja beim Film alles anders, denn beim zweiten Angebot handelte es sich um einen Kinofilm. Der Titel: »Sara Amerika«. Die Story: Kurz nach der Wende, genauer gesagt, irgendwann im Jahr 1992, haben amerikanische Industrielle die Idee, in Deutschland eine Art »Disneyland« zu bauen (Warner Bros. Bottrop läßt grüßen). Und welcher Ort eignet sich besser dafür als das kleine Dorf »Amerika«, das zwischen Görlitz und Löbau nahe der polnischen Grenze liegt. Die Amis senden natürlich erst einmal eine Delegation GIs und Cheerleader vorab nach Deutschland. Sara ist die Tochter eines farbigen Amerikaners und einer Deutschen und wohnt in dem Dorf. Sie wird während einer Party im Dörfchen Amerika von den GIs versehentlich für ein Mitglied der Cheerleader gehalten und landet dann auch noch aus irgendwelchen Gründen im Bus der Amerikaner und fährt nach Berlin. Neben diesen Verwechslungen handelt der Film natürlich auch von einer Dreiecks-Liebesbeziehung und davon, wie Sara sich in der Großstadt zurechtfindet. Das Ende wird hier nicht verraten - seht es euch an! Einer der Hauptdarsteller ist übrigens Thomas Heinze, der zuletzt in diversen Filmen auf RTL und RTL 2 zu sehen war. Wie die Story bereits erkennen läßt, übernahmen wir die Rolle der amerikanischen Cheerleader - eigens hierfür wurden Kostüme aus sündhaft teurem Pailletten-Strech-Stoff in den amerikanischen Nationalfarben angefertigt. Aber auch diese Dreharbeiten sollten turbulent werden. Die ersten kleinen Huddeleien gab es bei der Maske. Trotz vorab geliefertem Bildmaterial von NFL-Cheerleadern schminkte und frisierte man uns ziemlich merkwürdig - wir mußten das letztendlich selbst in die Hand nehmen. Der erste Drehtag an sich war ganz in Ordnung. Wir hatten nur eine Szene zu spielen: Einsteigen in einen Bundeswehrbus. So an die 20 Mal einsteigen, aussteigen, einsteigen... Nach drei Stunden fiel endlich die letzte Klappe für uns. Aber das war noch gar nichts im Vergleich zum zweiten Tag. Auf dem Drehplan stand »Party«. 14 von uns sollten auf der im Festsaal des Dorfes befindlichen Bühne tanzen, doch dafür war diese Bühne einfach zu klein. Nachdem wir uns bei der Probe gegenseitig mit den Pompons halb erschlagen hatten, entschloß man sich, die Szene zu ändern. Ein Teil mischte sich unter die GIs, der Rest blieb oben. »Sara Amerika, die 397ste« - wir haben nicht genau mitgezählt, aber wir tanzten an diesem Tag mindestens 30 Mal diesen einen Tanz, der als Auftritt der Cheerleader gedacht war. Das hatte aber einen plausiblen Grund: Die Szene wurde aus den verschiedensten Einstellungen gefilmt. Großaufnahme Cheerleader, Cheerleader Komplettansicht, Bühne nah, Bühne weit, von oben, von unten und so weiter. Kurz - das Statistenleben ist/war ganz schön anstregend, und nach zwölf Stunden Dreharbeiten waren wir alle ziemlich fertig; die Kostüme wurden langsam auch sehr unbequem. Die letzten beiden Drehtage waren Kopien des zweiten, nur daß die Aufnahmen vor der Gaststätte, im Bus und zwischen beiden Orten stattfanden. Alles in allem hat es trotz des Stresses ziemlich großen Spaß gemacht, auch wenn wir das eine oder andere Mal etwas demotiviert waren, weil wir in den kurzen Kleidern froren, wenn sich wieder einmal der Drehplan verzögerte. Wir waren uns jedenfalls einig: Schauspieler wäre kein Beruf für uns. Am Ende der Drehtage wurden wir überraschend vom Regieassistenten gelobt. Er hätte nicht gedacht, mit Amateur-Cheerleadern so professionell arbeiten zu können. Man bräuchte uns nur einmal eine Instruktion zur Szene zu geben und wir würden diese perfekt in die Praxis umsetzen... Das kennen wir halt aus dem Training, guter Mann!

 

Inhalt

Meisterschaften

Vorschau auf die Landesmeisterschaften

 

Deutschland I

Cheerleading im Westen

Pantherettes und Goldflash

Blue Stars

 

NFL Europe

Tryout bei den Rhein-Fire-Cheerleadern

 

Deutschland II

Änderungen im Regelwerk

 

Rundblick

Honeybees

Dewi Sulaewan

Pantherettes

Mermaids

Goldflash

Starlights

Pyromaniacs

Silver Streaks

 

Hot Stuff

Cheerleader goes Hollywood

 

Technik

Wie man sich richtig auf Meisterschaften vorbereitet

 

USA/NFL

Die Cheerleader der Dallas Cowboys

 

Europa

Zu Gast in Schweden

 

On Tour I

Camp mit Instruktoren der New England Patriots

 

On Tour II

Sun City Poms - Cheerleading bis ins hohe Alter...

 

 

Die ausführlichen Texte und viele Informationen mehr

finden Sie in der vorgestellten SPIRIT-Ausgabe