SPIRIT Nr. 02 (3. Quartal 1996)

Diese Ausgabe ist leider vergriffen!

Hier andere SPIRIT-Ausgaben bestellen

Top-Stories

Fifteen years a-growing...

Als im Jahr 1980 die Düsseldorf Panther während ihres Ligaspiels in der »NFL« (der Norddeutschen Football League) gegen die Solingen Steelers die Zuschauer für das Cheerleading interessieren wollten und junge Frauen und Mädchen aufriefen, sich zu einer ersten Cheerleader-Auswahl in einer Diskothek einzufinden, konnte noch niemand wissen, daß aus dieser Initiative »das« deutsche Cheerleader-Squad der End-achtziger entstehen sollte: die Pantherettes. Eine der ersten, die sich meldeten, war die damals noch 14jährige Heike Schmitt, heute mit Ehenamen Motzkus. Vor kurzem nahm sie nach über 15 Jahren Cheerleading bei Panthern, Frankfurt Galaxy Cheerleadern und B.A.C Gems der Berlin Adler Abschied vom aktiven Sport und wird sich in Zukunft ausschließlich der Cheerleader-Administration widmen. Den formalen Anfang beschreibt Heike eher gelassen, muß dann aber, wenn sie an die Vorstellung der Mädchen in der Disco denkt, schon leicht grinsen. Übrigens war das besagte Footballspiel das allererste Spiel, das Heike sah. Eine Freundin hatte sie zum Spiel mitgenommen, beide hatten sie auf den Aufruf reagiert. Thomas Jülicher, damals noch Spieler der Panther, heute mit Vorstandsaufgaben betreut, übernahm die Moderation in einer Disco, die Mädchen mußten sich einzeln vorstellen. »Es war sooo peinlich...«, meint Heike, »da waren jede Menge Footballspieler, alle älter als wir, und wir hatten, schon wegen des Altersunterschiedes, überhaupt keinen Kontakt«. Sie waren dann letztlich nur sehr wenige Mädchen, bekamen ein T-Shirt vom Sponsor Brittania mit Pantheraufdruck, und schon wurde ein Foto für den Düsseldorfer Express gemacht. »Der Titel des Fotos war echt bescheuert: Baby Baby, Balla Balla«, dümmer ging's fast nicht, war aber nicht »auf dem Mist der Panther« gewachsen. Immerhin war dies die Geburtsstunde der Düsseldorf Pantherettes...

 

Hochkonjunktur für Besserwisser und Heuchler

Die Deutsche Cheerleader Meisterschaft ist letztlich, wenn man das Reglement und den Ablauf betrachtet, ein Produkt der deutschen Cheerleaderbewegung. Speziell ist es ein Resultat eines Diskussions- und auch Entscheidungsprozesses innerhalb des deutschen Football-Verbandes. Die Cheerleaderbeauftragten der AFV-Landesverbände kommen zusammen und formulieren und bestimmen die Regeln für die Landesmeisterschaften und natürlich die Deutsche Cheerleadermeisterschaft. Erwähnenswert, daß bei solchen Prozessen immer Kompromisse geschlossen werden müssen, wenn nicht das Ziel aufgegeben werden soll. Ideen aus Schleswig-Holstein müssen mit Vorstellungen aus Baden-Württemberg, aus Bremen, aus Nordrhein-Westfalen und von woher auch immer verglichen, harmonisiert und dafür oder dagegen votiert werden. Möglicherweise muß auch einmal über einen strittigen Punkt abgestimmt werden. So auch bei dieser, übrigens so wie es bei allen anderen vorherigen Meisterschaften auch der Fall war. Das Reglement wurde schriftlich festgehalten und an die Landesverbände verteilt, die es an die Squads, beziehungsweise Vereine, weitergereicht haben. So der Idealfall - so es sein sollte. Und hätten nun alle Teilnehmer das Papier erhalten, es wenigstens gelesen, wären bei einigen der in Berlin auftretenden Teams keine Irritationen aufgekommen (oder wollten sie es einfach nur nicht wahrhaben, daß ihre Vorstellungen im Vorfeld »durchgefallen« sind). Übrigens haben die Berliner Cheerleader die Meisterschaftsregeln und den Ablauf nicht erfunden, sondern nach Vorgaben, eben jenen, die vom Dachverband kamen, gehandelt - so wie es auch künftig Landesverbände tun müssen. Den Berlinern ist so für die Organisation ein großes Lob auszusprechen. Es muß deutlich gesagt werden: Eine Deutsche Meisterschaft, die von den Cheerleaderbeauftragten des AFVD, der CVD (Cheerleader Vereinigung Deutschland), organisiert wird, ist etwas ganz anderes als lokale Wettbewerbe, auch wenn sie noch so viel bundesweite oder sogar europaweite Publizität erhalten. Während die Deutsche Meisterschaft sich letztlich strikt an ein Kompromiß-Regelwerk halten muß (womit die Qualität des speziellen deutschen Cheerleading gesichert werden soll), können die lokalen Wettbewerbe eigene Regeln erlassen, ganz nach eigenem Gusto, und somit, wenn der Wunsch vorhanden ist, sich ganz am Publikumsgeschmack orientieren - und wenn's nur nach dem ginge, dann wären die Cheerleader heute noch »Hupfdohlen«. Wenn jemand also einen Wettbewerb durchführen will und dabei das Squad gewinnen soll, das die Zuschauer zum größten Jubel, zum stärksten Applaus bringt, dann wird das Squad gewinnen, das die meisten eigenen Fans in die Halle bringt. Diesen Umstand muß man nur wissen, um dann später den Wert dieser Veranstaltung, dieses »Sieges« auch einordnen zu können. Es ist beispielsweise unlogisch, wenn sich verschiedene Cheerleader nach der Meisterschaft darüber aufregen, daß Tanzlehrer als Juroren für den Bereich Tanz eingesetzt wurden, da im Vorfeld der Meisterschaft nach demokratischem Muster die Vertreter aller deutschen Cheerleader dies so festgelegt haben. Sinnvoller und vor allem der Sache dienlicher ist es, die Meisterschaft zu analysieren und die Erfahrungen für die nächsten Meisterschaften umzusetzen, wie es bisher auch der Fall war. Über jeden einzelnen Punkt kann ja dann stundenlang diskutiert werden, welche Punktzahlen gegeben werden können, ob Juroren über 30 Jahre alt sein sollen, ob Salti erlaubt sein sollen oder nicht, ob, ob, ob... Fakt ist, daß ein Squad nicht bei einer Deutschen Meisterschaft gewinnen kann, wenn nicht die vorher festgelegten und auch bekanntgegebenen Regeln eingehalten werden, egal ob unbewußt, absichtlich, weil das Squad die Regeln nicht gelungen findet oder weil das Squad die Regeln falsch versteht. Und das ist schon seit der ersten Meisterschaft so, war bei jeder weiteren so und ist auch bei allen anderen Sportarten so. Und darum geht es doch, oder? Diejenigen, die so laut rufen, sollten es besser wissen, wenn sie schon so laut rufen. Konstruktive Kritik ist an der Sache notwendig und wünschenswert. Doch durch absichtliches »hämisches Niedermachen« wird nichts gewonnen, werden eher engagierte Menschen entmotiviert, verletzt und die mühevoll aufgebaute Struktur angegriffen. Seit Jahren wird um die Anerkennung als Sportart gerungen, die offiziellen Organisationen sind interessiert, aber noch entfernt davon, ihre volle offizielle Anerkennung zu geben. Es muß weiter konstruktiv gearbeitet werden, wozu alle aufgerufen sind.

 

Genug geschrien: Gehirn einschalten!

Wieder einmal endete eine Meisterschaft im Cheerleading in Deutschland mit unschönen Begleiterscheinungen. Und wieder einmal hob nach dem Ereignis das Hauen und Stechen an. Nachdem alle sich kräftig ausgezetert haben, wäre es jetzt angebracht, das »Gehirn einzuschalten«: Hier soll keinesfalls untersucht werden, ob die Cheeky Welps der »gerechte« Meister sind. Persönlich haben mir die Cheeky Welps gut gefallen, andere Squads allerdings noch besser. Aber im Dickicht von Reglement und Bewertungsmodus fällt die Orientierung leider schwer. Das ist der Punkt, der eigentlich zu bemängeln ist. Es scheint nicht eine typische Schwäche dieser einen Meisterschaft zu sein, sondern allgemein, daß das Regelwerk nicht jedem geläufig ist. Selbst wenn eine Jury hundertprozentig rational entscheiden würde, wären die Zuschauer im Trend damit unzufrieden, da sie stundenlang mit ihren Emotionen und subjektiven Eindrücken allein gelassen werden. Und unter den Teilnehmern regt sich schnell der leichtfertige Verdacht, »hinter den Kulissen« würde geschoben. Das krasseste Beispiel diesen Jahres in vielerlei Hinsicht ist der Fall der Münchnerinnen: Sie »vergaßen«, Spotter zu den Pyramiden zu stellen. Das führte zur Abwertung, wobei das Regelwerk leider gar nicht so deutlich ist, wie es sich seine Verfasser wohl dachten und die Jury es interpretierte, Schalten wir jetzt das Gehirn ein! Erstens: Wie kommen qualifizierte Betreuer(innen) eigentlich dazu, dem Squad, für das sie Verantwortung tragen, die simpelsten Schutzmaßnahmen vor Verletzungen zu versagen? Zweitens: Wenn es darum geht, schwere Verletzungen zu verhindern, was soll da ein Punkt-abzug, nachdem man das Squad erst seelenruhig weitermachen läßt? Nach gesundem Menschenverstand wäre der sofortige Abbruch der Darbietung geboten! Und danach entweder ein neuer Start oder der Ausschluß aus dem Wettbewerb. Achtung gebührt den Münchner Fans, die das niederschmetternde Ergebnis mit Anstand zur Kenntnis nahmen. Das soll nicht dadurch geschmälert werden, daß sie vermutlich bereits per »Mundpropaganda« auf die Bewertung vorbereitet waren. Liest es sich nicht irgendwie logisch, daß jemand, der das Ergebnis und seine Entstehung kennt, einfacher eine Niederlage seiner »Lieblinge« verkraften kann? Anders kann man es natürlich auch machen: Man serviere eine Stunde lang die Vorstellung eines Schmierenkomödianten, der ein Tier mit Beruhigungsmitteln gängeln kann. Nicht nur, weil man darauf gern verzichtet hätte, wünschte man sich künftig eine »offene Bewertung« - sprich: eine Bekanntgabe der Jury-Noten direkt nach jeder Präsentation! Das gehört sich schon als Dienst am Zuschauer, der schließlich nicht gekommen ist, um »hübsche Mädchen am Spielfeldrand« zu sehen, sondern bezahlt hat, weil man ihm einen sportlichen Wettkampf versprochen hat! Wir würden es gern sehen, daß auch die Einzelergebnisse der Unterkategorien öffentlich nach der Darbietung aufgeschlüsselt werden. Wir sind sicher, daß die Mehrheit es akzeptiert, wenn ein tänzerisch hervorragendes Team sichtbar für alle dort die Höchstnote bekommt, im Gesamtergebnis aber zurückstehen muß, weil Abzüge in der »B-Note«, etwa bei der Sicherheit, verhängt werden. Dies erfordert von allen Beteiligten sehr, sehr viel Mut: Die Jury muß mit Zeitdruck umgehen und sich öffentlicher Kritik direkt stellen können. Und die Teilnehmer, die Cheerleading schließlich als Sport mit Wettkampfcharakter betreiben, müssen nicht nur »A«, sondern auch »B« sagen: Man verliert im Cheerleading leider häufiger, als man gewinnen kann, wenn 20 Mannschaften um einen Titel kämpfen. Aber es gehört zum Sport, auch wenn eine »unbarmherzige« Jury mit einem Federstrich alle Hoffnungen durchkreuzt, dies zu akzeptieren. Mit einer öffentlich vollzogenen Bewertungsprozedur wäre man wenigstens sicher davor, daß einzelne Jurymitglieder auf Dauer tun können, was sie wollen, denn sie würden sich mit einer solch unsportlichen Haltung öffentlich blamieren. Und Juroren ihrerseits wären sicher davor, daß man ihnen böse Absicht unterstellt, um von eigenen Versäumnissen abzulenken.

 

Feinsinnige Unterschiede und strikte Regeln

Cheerleader gibt es in den USA wie Sand am Meer. Es gibt sie in allen Größen, Formen und Farben. »Pee-Wees« in den Grundschulen nehmen ihre Aufgaben genau so ernst wie die Profi-Cheerleader der NBA und der NFL. Cheerleader sein, bedeutet ein Vorbild für andere - jüngere, gleichaltrige oder gar ältere - zu sein. Cheerleader sind Athleten. Cheerleading ist eine komplexe, aber gleichwohl variationsreiche Sportart, die Gymnastik, Turnen, Akrobatik und Tanz sowie Showelemente in sich vereinigt. Nationale Meisterschaften werden jeweils über drei Tage hinweg von Dezember bis Ende April, hauptsächlich jedoch im März, in allen vier Ecken der Staaten abgehalten, wobei die Durchschnittszahl der Teilnehmer bei 3.750 pro Veranstaltung liegt. Cheerleading ist in verschiedene Katagorien unterteilt: Cheerleader, Pep Squad, Pep Flag Squad, Danceleader, Crowdleader, Mascot. Gemäß der NCAA geht die Einteilung nach Alters-, (Schul-)Klassenstufe und Universitäten. Striktes Regelwerk schreibt bis ins kleinste Detail vor, wer was wann wo und wie im Wettkampf vorführen darf. Ein Verstoß gegen diese Regeln wird entweder mit Punkt-abzug oder gar Disqualifikation bestraft. Die meisten Cheerleader sind beim Football und beim Basketball vorzufinden. Mit der weltweiten Ausbreitung gibt es Cheerleader inzwischen auch beim Rugby in England, Irland und Australien, beim Australian Rules Football in Australien, beim Volleyball in Korea und Kuba, beim Eishockey vornehmlich in Kanada, aber auch hier in Deutschland. In steigender Zahl auch beim Fußball, besonders in Großbritannien und USA sogar beim Sumo Wrestling in Japan. Wegen der unterschiedlichen Sportarten und Funktionen werden Cheerleader inzwischen auch Spiritleader genannt. Cheeren ist beispielsweise beim Fußball und Westling unerwünscht, hier sollen die »Crowdleader« das Publikum bei guter Laune halten und positiven Fair Play Spirit verbreiten. Nicht immer eine leichte Aufgabe. Aber wer behauptet, daß Cheerleading einfach ist? »Wäre Cheerleading einfach, würde man es Football nennen« schreit ein Slogan von T-Shirts, Sweatshirts und Postern bei jeder Meisterschaft. »Das einzige weiche Element im Cheerleading sind die Polster in den Schuhen« verkündet das Werbeplakat einer bekannten Sportschuhfirma. Bei so vielen verschiedenen Cheerleader-Vereinigungen (es gibt sieben »Major Associations«) sind Regelunterschiede zu erwarten. Erstaunlicherweise sind diese aber nur minimal und seit 1994 wird an einem gemeinsamen »Safety-Rules«-Buch gearbeitet. Der ausschlaggebende Punkt war, als im Februar 1994 der Bundesstaat Illinois den Basket Toss gesetzlich verbieten ließ. Ein Aufschrei ging durch die Menge der betroffenen Athleten, Coaches, Eltern und Fans. Entsetzen und Empörung in allen anderen Staaten. Innerhalb einer Woche lag beim Bundesgericht die Klage des Cheerleader-Konsortiums gegen den Staat Illinois vor. Ein anderes gerichtliches Verfahren gab es zuvor, als die drei Streitkräfte-Akademien Army, Navy und Air Force Cheerleadertruppen zusammenstellten. Laut der Kritik eines Oberst der Army ist ein solches Sidelinespektakel und -Benehmen einfach unwürdig für die zukünftigen Offiziere der gehobenen Laufbahn und wird daher nicht gestattet. Dieser »Krieg« wurde allerdings von den Cheerleadern gewonnen. Die kleinste Schule/Universität, die ein Sportteam aufstellen kann, hat auch Cheerleader. Cheerleader kann schließlich nicht jeder werden. Für jede Teamkategorie, einschließlich Maskottchen, werden Tryouts abgehalten. Die Konkurrenz ist groß und stark, teilweise sind die Plätze so begehrt, daß sogar vor einem Mord nicht zurückgeschreckt wird. Cheerleader zu sein, ist ein Statussymbol, das durch die Wahl/Ehrung zum Captain noch an Wert steigt und sich vor allem auch im Lebenslauf gut liest.

 

Inhalt

Rundblick

Cheeky Welps

Buccaneers Cheerleader

KHB Cheerleader

Ladies of the Ocean

Rubberducks I

Ivories

Canes

Stallions Cheerleader

Salty Duchess

Great Orange Fire

Blue Stars

Rubberducks II

 

Porträt

Heike Motzkus nimmt Abschied vom Cheerleading

 

Meisterschaften I

Cheeky Welps und Blue Angels »on top

Kommentar

 

Hot Stuff

Sammelleidenschaft Trading Cards

 

Team-Porträt

Die Cheerleader der Hamburg Blue Devils

 

Poster

Blue Angels - Deutscher Meister im Mixed

 

Meisterschaften II

Stuttgart Cheer Classics

 

Meisterschaften III

7. Britische Meisterschaften

 

World League

Pyromaniacs

 

Technik

Sicherheit bei Stunts und Pyramiden

 

USA/College

Mehr als nur ein Hobby

 

USA/NFL

Die Cheerleader der Vikings

Der Blick nach Übersee

 

Die ausführlichen Texte und viele Informationen mehr

finden Sie in der vorgestellten SPIRIT-Ausgabe