Jahresrückblick 2003

Bekannte und unbekannte Gesichter

Die NFL-Saison endete ganz anders als man sich das vor deren Beginn vorgestellt hatte, und fügte sich damit nahtlos in das Bild ein, das die NFL seit Jahren abgibt. Nicht einer der erklärten Favoriten - Titelverteidiger Tampa Bay Buccaneers, Philadelphia Eagles oder St. Louis Rams - holte sich den Super Bowl, sondern die New England Patriots. Die letztjährigen Endspiel-Teilnehmer Tampa Bay und Oakland erreichten nicht mal mehr eine positive Bilanz. Und im Finale in Houston stand den Patriots mit den Carolina Panthers ein Gegner gegenüber, dem vor der Saison niemand auch nur Playoff-Chancen eingeräumt hatte. Nach mäßigem Saisonstart (2-2) hatten die Patriots die zweitlängste Siegesserie der NFL-Geschichte (15 Siege in Folge) hingelegt

Adam Vinatieri

und sich mit einem 32:29 gegen die Panthers ihren zweiten Titel innerhalb von drei Jahren geholt.

Kurios war auch der Super Bowl selbst. Eine Abwehrschlacht mit wenigen Punkten war angesichts der Abwehrstärke beider Teams erwartet worden, und tatsächlich stand es in Houston so lange wie noch nie in einem Super Bowl 0:0 (bis drei Minuten und fünf Sekunden vor Ende der ersten Halbzeit). In den letzten Minuten des zweiten Viertels und vor allem im letzten Viertel explodierten beide Offenses aber regelrecht. Die Entscheidung fiel schließlich vier Sekunden vor Spielende durch ein Field Goal von K Adam Vinatieri, der die Patriots schon zwei Jahre zuvor gegen die St. Louis Rams mit einem Field Goal in den letzten Sekunden zum Titelgewinn geschossen hattte (damals 20:17).

Knapp war's auch im College Football, aber auch umstritten, weil dort nicht Kicker, Quarterbacks oder Receiver über die Meisterschaft entschieden, sondern Journalisten und Head Coaches. Am Ende gab es zwei National Champions: LSU, das im - inoffiziellen - Finale im Sugar Bowl in New Orleans Oklahoma mit 21:14 besiegte und von den für die USA Today Top 25 abstimmenden Head Coaches zum Meister gekürt wurde, und USC, das Platz eins in den durch Journalisten-Votum erstellten AP Top 25 belegte. Der Grund für das kontroverse Saisonende war, dass am Ende der Regular Season drei Teams - LSU, Oklahoma und USC - mit einer Niederlage belastet an der Spitze der beiden Top-25-Ranglisten gelegen hatten, USC bei beiden im Übrigen auf Platz eins. In der für die Vergabe der beiden Plätze im Championship Game maßgeblichen Computer-Rangliste der Bowl Championship Series (BCS) lagen LSU und Oklahoma auf den ersten beiden Plätze, USC blieb draußen. Die Trojans schlugen dann im Rose Bowl den Vierten aller drei Ranglisten, Michigan, mit 28:14 und wurden von den Journalisten bei AP zum Meister gewählt. Genau dieses, ein geteilter Titel, hatte mit Schaffung der BCS im Jahr 1998 für die Zukunft eigentlich verhindert werden sollen.

In der NFL Europe übernahm die Frankfurt Galaxy zumindest sportlich wieder die Spitzenposition. Bei ihrer fünften World-Bowl-Teilnahme holten sie sich in Glasgow mit einem 35:16 gegen Rhein Fire, das ebenfalls zum fünften Mal im Finale stand, als erstes Team der Liga-Geschichte den dritten Titel. Angetrieben von RB Jonas Lewis, der mit 126 Rushing Yards einen neuen World-Bowl-Rekord aufstellte und zum MVP des Spiels gewählt wurde, hatten die Frankfurter das Spiel mit einer 25:9-Führung bereits zur Halbzeit im Griff. Der letztlich klare Ausgang war besonders ärgerlich für die Scottish Claymores. Die hatten den Einzug ins Endspiel verpasst, weil eine Niederlage der Galaxy im letzten Punktspiel beim Tabellenletzten Berlin (14:27), gepaart mit Siegen von Fire (33:7 gegen Barcelona) und den Claymores (31:14 gegen Amsterdam) für einen Gleichstand von Galaxy, Fire und den Claymores an der Spitze gesorgt hatte, Galaxy und Fire im Tie Breaker aber vor den World-Bowl-Gastgebern lagen.

Endspiel-Stammgäste standen sich auch im German Bowl, dem Finale der Bundesliga, gegenüber. Zum dritten Mal in Folge und zum fünften Mal in sechs Jahren hieß die Paarung Hamburg Blue Devils gegen Braunschweig Lions, und zum dritten Mal in Folge hatten die Blue Devils die Nase vorn. Das hatte aus Sicht der Liga als Ganzes zwar etwas von Langeweile, aber immerhin wurden die 20.000 Fans in Wolfsburg mit einer Football-Gala auf dem Feld entschädigt. Viermal wechselte die Führung, und nie lag ein Team mit mehr als einem »Score« vorn. Damit nicht genug: Die Entscheidung zugunsten der Blue Devils fiel erst in der Verlängerung. Beim durch Zach Witts Touchdown zum 30:30 notwendig gewordenen kollektiven Nachsitzen hatte RB Kim Kuci die Lions mit seinem zweiten Touchdown in diesem Spiel mit 36:30 in Führung gebracht, Hamburg mit einem Pass von Witt auf TE Andreas Nommensen gekontert. Der kleine und entscheidende Unterschied: Nach Kucis Touchdown hatte Braunschweigs K Marko Rothaar den Extrapunkt verschossen, Hamburgs K Florian Dannehl aber traf.

Im Juli fand in Wiesbaden und Hanau die zweite Football-Weltmeisterschaft statt. Für die deutsche Mannschaft endete das Mini-Turnier (Halbfinale, Spiel um Platz drei, Finale) mit dem Erreichen des dritten Platzes so, wie es zuvor erwartet worden war. Im Spiel um Platz drei besiegte die deutsche Auswahl Frankreich mit 36:7. Mit ein wenig Glück wäre aber auch mehr drin gewesen. Im Halbfinale verlor man gegen Mexiko nur knapp mit 17:21, wobei den Mexikanern der Touchdown zum Sieg erst kurz vor Schluss gelang. Und wären auf deutscher Seite nicht gleich beide Stamm-Cornerbacks verletzt ausgefallen, wäre die Partie vielleicht anders ausgegangen. Weltmeister wurde erneut Japan. Im Halbfinale besiegte der Titelverteidiger Frankreich mit 23:6 und behielt letztlich auch bei der Neuauflage des Endspiels von 1999 gegen Mexiko mit 34:14 klar die Oberhand.

 

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