SPIRIT Nr. 17 (November/Dezember 1999)

Top-Stories

Erfolgreiche »Wildkatzen«

Die BLC Wildcats gibt es schon seit 1991, damals noch unter dem Namen »The Red Hot Cheerleading Devils«. Seitdem, besonders nach ihrem Namenswechsel 1998, haben sie viel aus sich gemacht. Sie sind nicht nur über die Grenzen ihrer Heimatstadt Leverkusen hinweg bekannt. Sie sind amtierender NRW-Meister im Mixed, wurden Zweiter bei den NCA European Classics in Bottrop, und das Jugend-Squad erreichte hier sogar den Titel. Die Rede ist von einem der erfolgreichsten Cheerleader-Teams im Mixed, den BLC Wildcats vom Basketball Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen. Nachdem der Name im Jahr 1992 auf Red Devils gekürzt worden war, stand 1993 der nächste Namenswechsel an. Als sich die Basketballer den Spitznamen »Magic Lions« gaben, wurden aus den Cheerleadern kurzerhand die »Lionettes«. Doch auch dieser Name war nicht von Dauer. So traten sie dann 1996 offiziell unter dem Namen Lions auf. Heute präsentiert sich die Cheerleaderabteilung mit je einer Jugend- und Seniorenformation und einer Gesamtmitgliederzahl von 40 Personen. Die Jugendabteilung, die erst in diesem Jahr aus der Taufe gehoben wurde, steht den »Großen« in Ambition und Leistungsbereitschaft in nichts nach. Leverkusens langjähriger Coach Oliver Gericke versammelte mit der ehemaligen Solinger Canes Cheerleaderin (mit denen sie unter anderem Deutscher Meister wurde) und NCA Trainerin Simone Wirtz als Stunt-Coach und Eve Ronoski als Dance-Coach erfahrene Trainerinnen um sich. Und der Erfolg kann sich sehen lassen. Bei jedem Heimspiel in der Leverkusener Wilhelm-Dopaka-Halle sind die Fans ganz aus dem Häuschen, wenn die Wildkatzen auftreten. Ihre Darbietungen sind vom Feinsten und die Schnelligkeit und Akkuranz lässt selbst erfahrene Kenner der Szene staunen. Während andere Basketball-Cheerleader sich vorwiegend auf das Tanzen konzentrieren, sind die Wildcats in der Lage, atemberaubende Stunts und Pyramiden hervorzubringen. So waren es eben diese Leverkusener, die als eines der ersten Teams eine wandernde Pyramide bauten. Diese löste zum Beispiel bei den Classics in der Warner Bros. Movie World wahre Begeisterungsstürme beim Publikum aus, so stark, dass selbst die Musik nicht mehr zu hören war. Der Weg zu diesem Erfolg ist einfach zu begründen. Mehrmaliges Training pro Woche, egal ob Saison oder nicht. Denn irgendwas steht immer an. Ob es nun die Meisterschaft (Landes- oder Deutsche) oder eine der unzähligen Auftritte in Leverkusen und NRW sind, es wird viel abverlangt von einer aktiven Wildkatze. Gerade beim letzten COA-Camp ist ihr Level - nach eigenen Angaben - nochmals gestiegen. Und sie »sind nun härter denn je«. Auch die nächsten Ziele sind ganz klar umrissen: Neben der Unterstützung für die Riesen von Bayer 04 muss der NRW-Meistertitel im Herbst verteidigt werden, und die BLC Wildcats wollen selbstverständlich auch dort wieder eine Fahrkarte zur Deutschen Meisterschaft erkämpfen.

 

Wiebke Siebels - Chefin der Honeybees

Atemberaubende Siegesserien haben immer ihre Ursachen im Kleinen und sind nur möglich, wenn Harmonie, Beharrlichkeit, Streben nach Erfolg, Leistungswille und -fähigkeit keine Eintagsfliegen sind. Zumindest diese Voraussetzungen müssen bei den Honeybees vorhanden sein, die nun schon seit mittlerweile sieben Jahren kontinuierlich nationale und internationale Meisterschaften en masse gewinnen und sich über mangelndes Interesse nicht beklagen können. Ein Eckpfeiler des Erfolges stellt auf jeden Fall die Familie Siebels dar, die federführend am Erfolg der Wolfsburger Ausnahmecheerleader beteiligt ist. War es in den ersten Jahren Mutter Siebels, die als »primus inter pares« die Fäden in der Hand hielt, so hat sich in jüngerer Zeit ihre 27-jährige Tochter Wiebke ein Platz an der Sonne erobert. Als Cheerleaderin und Trainerin ihres Teams versteht sie es, die Dominanz der Honeybees in der Szene zu wahren und die Tradition weiterzuführen. Dabei war der Weg der gelernten pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) und Besitzerin des niedersächsischen Abiturs nicht vorgezeichnet und lange sah es so aus, als wenn sie in einer anderen, aber doch verwandten Sportart für Furore sorgen sollte. Bereits als Kleinkind nahm sie beim Mutter-und-Kind-Turnen teil und kam im sechten Lebensjahr zum Kunstturnen, dem sie auch bis zum elften Jahr treu blieb. In dieser Zeit wechselte Wiebke zur Rhythmischen Sportgymnastik und errang 1986 ihren ersten Deutschen Meistertitel. Einer damaligen Bundestrainerin blieb Wiebkes Talent nicht verborgen und es folgte eine Einladung zu einem Probetraining. Der Zugang in die Nationalriege war somit möglich, wurde aber nicht vollzogen. Ihre Eltern ließen sie nicht gehen. Der Grund: Ein fehlendes Sportinternat und die Trennung von der Familie wären ein zu großer Preis gewesen. So wurde Wiebke mit 16 Jahren Trainerin für RSG beim Hausverein, dem TV Jahn Wolfsburg und setzte ihre Karriere bis zur Auflösung der RSG-Gruppe fort. Naturgemäß wechselten in diesen Jahren die Interessen und der Leistungssport trat etwas in den Hintergrund, während erste Kontakte mit dem anderen Geschlecht aufregender erschienen. »Als dann im TV Jahn eine Football-Sparte gegründet wurde, sprach mich ein Freund und der damalige Football-Coach an, ob ich nicht Lust hätte, eine Cheerleading-Gruppe aufzubauen«, erinnert sich Wiebke. »Ohne einen blassen Schimmer davon zu haben, was mich dort erwarten sollte, habe ich das erstmal im November 1991, mit einer Option für ein Jahr, in Angriff genommen und wir waren für jede Starthilfe dankbar, die damals von den Starlets aus Berlin gegeben wurde.« 1992 stellten sich die ersten Erfolge ein und ein bemerkenswerter Siegeszug nahm seinen Lauf. Die erste Cheerleading-Niedersachsenmeisterschaft wurde im gleichen Jahr eingefahren. Bis zum heutigen Tage konnte dieser Erfolg überlegen wiederholt werden. 1997 wurden die Honeybees zum ersten Mal Deutscher Meister und wiederholten diesen Erfolg 1998 und 1999 in Bremen. Den Titel eines Europameisters sicherten sich sie 1997 und 1998 und hätten sicherlich auch 1999 wieder aufgetrumpft, wenn es nicht zu dem bekannten Problemen am Rande der EM gekommen wäre. Gut in Erinnerung sind auch noch die Teilnahme am Citrus Bowl in Orlando (USA) 1994 und die Qualifikation zum UCA Instructor 1996 in Memphis (USA) geblieben, die weitere Verbesserungen in Technik und Kunst ermöglichten. »Der Wechsel zum Cheerleading war einfach die bessere Wahl«, meint Wiebke und bereut somit keine ihrer bisherigen Entscheidungen. »Die Rhythmische Sportgymnastik beinhaltet zu viele Elemente der Klassik, wie zum Beispiel Ballett, während Cheerleading vielseitiger ist, mehr Spaß macht und Teamarbeit großgeschrieben wird.« Teamarbeit beinhaltet aber auch für Wiebke Grenzen, die man nicht überschreiten soll. »Anfangs haben wir uns oft zusammengesetzt und eine Kür aufgrund vieler Vorschläge kreiert. Dadurch wurde zu viel Zeit mit Diskussionen verschwendet. Heute baue ich lieber alleine an den Shows und trage dann auch alleine die Verantwortung. Ich würde mich nun einmal als etwas 'herrschsüchtig', zumindest aber dominant bezeichnen. Eigentlich dulde ich nur meine Mutter neben mir. Seitdem ich denken kann, stand sie immer neben mir und weiß ganz genau, wann und warum etwas schief geht. Sie darf mich dann nach dem Training auch heftig kritisieren.« Ob sie mit ihrer Selbsteinschätzung richtig liegt, kann vor allem ihr Freund beantworten. Zumindest hält diese Beziehung seit zwei Jahren und Wiebke ist es gelungen, ihn für die Cheerleading-Familie zu begeistern. Heute ist der ehemalige Kunstturner Coach für Tumbling und absolviert gerade Kurse für die Jury-Ausbildung. Für die Zukunft hat sich Wiebke noch einiges vorgenommen. Sie will trotz ihrer im Juni 1999 gerissenen Bänder noch ein bis zwei Jahre aktiv im Squad mitmischen und sich dann voll auf die Coachingarbeiten konzentrieren. »Als Trainerin werde ich den Honeybees hoffentlich noch lange erhalten bleiben, denn es macht sehr viel Spaß, sie zu 'quälen'«, verrät Wiebke. »Cheerleading ist fast wie eine große Familie und ich hoffe, dass sie mich noch mindestens zehn Jahre ertragen werden«. Vielleicht hat Wiebke dann auch etwas mehr Zeit für andere Interessen, die zur Zeit etwas in den Hintergrund geraten sind. »Mein Pferd wird momentan von meinem Vater gepflegt und ich kann mich dem Pferdesport leider nur im Sommer etwas widmen«.

 

Tryout der Berlin Thunder Cheerleader

Mit über 220 Bewerbungen wurden die Erwartungen von Amber Wisneski und Berlin Thunder weit übertroffen. Obwohl »nur« circa 160 Mädchen am ersten Tag erschienen, konnte die Vorjahres-Teilnehmer-Zahl mehr als verdreifacht werden. Hochmotiviert gingen die Mädchen zu Werke. Richtig ernst wurde es bereits am Samstag für das neue »Junior-Squad«. Ziel ist es, junge Mädchen von 14 bis 16 Jahren die Möglichkeit zu geben, sich auf das Cheerleader-Team von Berlin Thunder vorzubereiten. Von 46 Bewerberinnen wurden am Ende des ersten Tages 25 vielversprechende Talente aufgenommen. Am Sonnabend wurden für das Finale am Sonntag 56 Bewerberinnen ausgewählt. Alle Mädchen machten einen sehr guten Eindruck und gaben ihr Bestes. Viele gingen an die Grenzen ihrer körperlichen Belastbarkeit und mehrere mußten mit Kreislaufproblemen aufgeben. Die Wahl fiel schwer, aber Thunder konnte leider nicht alle nehmen. Besonders ins Auge fielen natürlich die 13 Mädchen, die bereits in der vergangenen Saison für die Berlin Thunder Cheerleader tanzten. Zum Finale erschienen fast alle ausgewählten Mädchen des Vortages. Sichtlich nervös bereiteten sie sich auf das kommende Finale vor. Vor den Augen der wachsamen Jury machten sie erneut einen tollen Eindruck. Zum Dank übergab General Manager Michael Lang allen Final-Teilnehmerinnen eine Rose. Als es dann zur Entscheidung kam, flossen viele Tränen der Freude, aber auch der Trauer. Nur 33 Mädchen wurden in das Team übernommen. Den »Verliererinnen« blieb nur der Trost, dass es im nächsten Jahr wieder ein Tryout geben wird. Die ehemaligen Mädchen von Berlin Thunder wurden alle erneut ins Team berufen, wie zum Beispiel Yvonne Birkner: »Ich wollte unbedingt wieder mit dabei sein. Das letzte Jahr war schon super, aber mit den neuen Mädchen wird es sicherlich noch einen Deut besser. Das Tryout war zwar stressig, Spaß gemacht hat es aber trotzdem.« Amber Wisneski: »Ich bin von der Resonanz begeistert. Ich glaube, wir haben ein tolles neues Team beisammen. Die Klasse meiner alten Truppe wird durch neues Blut nochmals aufgefrischt. Ich denke, dass Berlin Thunder ein fantastisches neues Cheerleader-Team hat und die Zuschauer eine Menge Spaß an uns haben werden.«

 

Cheerleading »Made in Japan«

Wenn man an Japan denkt, dann werden mit dem ostasiatischen Land Dinge wie Hi-Tech, Sushi oder Autos assoziiert. Nur wenigen ist bekannt, dass American Football und Cheerleading im Land der aufgehenden Sonne mehr Tradition haben als in Europa. Im Gegensatz zu den Meisterschaften in Deutschland genießt Cheerleading in Japan aber ein großes Interesse in der Öffentlichkeit, werden im Jahr vier große Meisterschaften organisiert. Die größte Meisterschaft ist der Japan Cup, der in diesem Jahr vom 27. bis zum 29. August im »National Athletic Center« im Tokioter Yoyogi-Park stattfand. Während der drei Tage in Tokio kamen rund 11.000 Besucher zu den verschiedenen Titelkämpfen. Eine Zuschauerzahl, von der man hier in Deutschland wohl noch Jahre entfernt ist. AFVD-Vizepräsident Uwe Talke war auf Einladung der japanischen Cheerleaderorganisation JCA mehrere Tage zu Gast in Tokio, besuchte dabei den Japan-Cup. Cheerleading in Japan unterscheidet sich in einigen Punkten wesentlich vom Cheerleading in Deutschland, was zum größten Teil an der japanischen Mentalität liegt. Aber auch daran, dass dem Schul- und Universitätssport eine wesentlich größere Rollen eingeräumt wird. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die JCA, die einen großen Einfluß auf Wirtschaft, Medien und Politik hat. Nach seinem Besuch in Japan zeigte sich Talke vor allem mit den gezeigten Leistungen und der sportlichen Fairness der Japaner begeistert. Der japanischen Mentalität ist es zu verdanken, dass Jury-Entscheidungen akzeptiert wurden, gegnerische Squads stets mit Respekt und Fairneß behandelt wurden. Eine Geste und ein Verhalten, das bei deutschen Squads eher selten der Fall ist. Hierzulande werden die Gegnerinnen oft ausgebuht, beschimpft, wird nach einer vergeigten Meisterschaft zunächst die Schuld bei der Jury gesucht und nicht bei der eigenen Unzulänglichkeit. Auch die Disziplin bei den japanischen Squads ist wesentlich größer. Während in Deutschland die Mitglieder der Teams während der Meisterschaften rumlaufen wie eine Schar Hühner, sitzt in Japan jeder auf seinen Platz und wartet auf den großen Auftritt. Doch eines haben alle Squads gemeinsam: Die Tränenbäche der Sieger und der Verlierer. Unterschiede gibt es auch in einigen Regelbereichen: Squads dürfen nicht größer sein als 20 Teilnehmerinnen, die Zeit für einen Auftritt bei einer Meisterschaft ist auf zweieinhalb Minuten begrenzt. Wer sich in Japan fürs Cheerleading entscheidet, braucht viel Platz in seinem Terminkalender, denn im Gegensatz zu Deutschland finden in Japan mehrere Meisterschaft über das gesamte Jahr statt. Der Japan Cup im August ist die größte und wohl bestbesuchte Cheerleading-Meisterschaft in Japan, ist der Höhepunkt für die qualifizierten Squads. Am Japan Cup nehmen alle qualifizierten Squads der verschiedenen Cheerleading-Bereiche teil. Im Mai finden die offenen nationalen Meisterschaften für alle Squads aus den Bereichen High School, Junior College, College und Vereinsmannschaften statt. Im November stehen dann nochmals Meisterschaften für die Junior Highschools und High Schools auf dem Programm, im Dezember dürften die Teams der verschiedenen Junior Colleges und Colleges nochmals antreten. Das Niveau in Japan sei, so Talke nach seiner Rückkehr, zum momentanen Zeitpunkt wesentlich größer als in Deutschland, vor allem im Stunt-Bereich. Schwächen haben die japanischen Mädchen zum Teil im tänzerischen Bereich und bei der Bodenakrobatik. Dennoch dürfte es, so Talke weiter, für die deutschen und europäischen Squads schwer sein, mit ihren japanischen Konkurrentinnen mitzuhalten, aber es sei machbar. Beim diesjährigen Japan Cup bekamen die Zuschauer auch einige Neuheiten geboten: 4-2-1 Varianten, bei denen der gesamte gestreckte Körper von der waagerechten in die senkrechte Lage aufgerichtet wurde. Oder eine 2-2-1 Variante, bei der die Top auf dem Rücken liegend das Bein in Richtung Hallendecke streckte.

 

Inhalt

Meisterschaften

Vorschauen auf die LMs

 

Deutschland

Das Mixed-Team von Bayer 04 Leverkusen

 

Rundblick

White Doves

Lionettes

Red Diamond

Blue Stars

Virgin Guards Cheeleader

Phantastics

 

Porträt

Wiebke Siebels

 

Dies & Das

Connexion 2000 - Ein Trip in die Zukunft

 

Camps

NCA Camp in der Schweiz

 

Technik

Der Chairsit

 

Deutschland I

Massenandrang beim Thunder-Tryout

 

Deutschland II

B.J. Valentine kehrt zurück in ihre Heimat

 

On Tour/Interview

Aus dem Land der aufgehenden Sonne

 

Die ausführlichen Texte und viele Informationen mehr

finden Sie in der vorgestellten SPIRIT-Ausgabe