SPIRIT Nr. 03 (4. Quartal 1996)

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EM-Veranstaltung entging knapp der Katastrophe

Wegen der Inkompetenz einer Werbeagentur wären die 2. Cheerleading-Europameisterschaft und die 4. Stuttgarter Cheer Classics beinahe am Tag der Doppelveranstaltung ins Wasser gefallen. Ausbleibende Werbung in Radio, TV und Printmedien sorgte dafür, daß nur knapp 100 Personen zu dieser Veranstaltung kamen, die nicht mit dem Cheerleading vertraut waren. Und mehr sollten es eigentlich werden. Insgesamt konnte am Veranstaltungstag überhaupt noch nicht überblickt werden, wie hoch sich der tatsächliche Schaden beläuft, nicht nur finanziell, sondern auch seitens des Imageverlustes. Die knapp 1.000 Zuschauer nahmen die kleinen Pannen ganz unterschiedlich auf. Für Kenner der Szene waren sie aber unübersehbar und haben der Attraktivität des Events einen erheblichen Einbruch verschafft. Sie sollten professionell vermarktet und organisiert werden: die zweiten Cheerleader Europameisterschaften und die Cheer Classics '96, doch nur vom Ansatz her war die Entscheidung der Orga-Crew gut durchdacht, ein Profi aus dem Bereich Marketing mußte her, schließlich wollte man nach dem letztjährigen Event noch eins draufsetzen und einen Teilerlös einem guten Zweck zukommen lassen. Das hatten sich alle so sehr zu Herzen genommen, daß den Versprechungen der eingeschalteten Firma so ziemlich alles geglaubt wurde. Zum Vorfeld sei gesagt, es hörte sich alles viel zu gut an. Obwohl im Organisationsstab bald klar wurde, daß sich die Versprechungen auf Treibsand aufbauten, waren alle überfordert, rund einen Monat vor der Veranstaltung nun noch das Ruder herumzureißen. Einer der größten Fehler, die begangen wurden, war auch die Selbsteinschätzung, mit der gleichen Helferschar wie im letzten Jahr die Meisterschaften durchführen zu können. Mindestens drei Sponsoren-Firmen sollen sich »über den Tisch gezogen« geführlt haben, sind selbstverständlich nun auf das Thema Cheerleading nicht mehr gut zu sprechen. Daß das Event dennoch stattfinden konnte, darf man ausschließlich der Besonnenheit der Organisatoren danken, die jedes fehlende Glied in der Kette aufspürten, welches direkt mit der Versorgung der Zuschauer und dem Ablauf des Programm zusammenhing, und kurzfristig ausbesserten. Der einzige ernstzunehmende Patzer war dann letztlich, daß der Hallensprecher zu Beginn der Cheer Classics die Liste der teilnehmenden Squads sich aus einem Exemplar des HUDDLE kopieren mußte und im Anschluß noch alle Teams gestrichen wurden, die nicht erschienen waren, beziehungsweise jene hinzugefügt wurden, die unerwartet doch noch da waren. Kuddelmuddel hin oder her, mit einer halbstündigen Verspätung konnten die Meisterschaften beginnen. Durch die Verspätung bedingt, kamen einige Squads, unter anderem die Hamburger, in erhebliche Zeitnot. Da die reservierten Zug- und Busverbindungen nicht verschoben werden konnten, mußte die Pokalübergabe eher wie bei einem Rekordversuch schnell und damit als Abhaken einer lästigen Verpflichtung durchgezogen werden. Fazit der Veranstaltung: Die Squads, die zum ersten Mal teilnahmen und derartige Events noch nicht kannten, waren trotz alledem begeistert. Erfahrene Teams hatten aber unter dem Ablauf teilweise sehr gelitten, da sie sich aus den Erfahrungen der Vergangenheit mehr versprochen hatten. Die Organisatoren haben in Gesprächen nach der Veranstaltung erkennen lassen, daß sie so sehr ins kalte Wasser geschmissen wurden, daß sie zum großen Teil jetzt erst recht weiter machen wollen. Begründung: »Da sind heute genau die Fehler zum Tragen gekommen, die in der Vergangenheit nie eine Rolle gespielt haben. Wir kennen erst jetzt unsere Grenzen und wissen, wie wir in der Zukunft zu verfahren haben«, so ein Mitarbeiter der Meisterschaften.

 

Slam Dunks, Timeouts und Cheerleading

Timeout Alba Berlin, das bringt Aufregung bei den Cheerleadern des Berliner Basketballclubs, denn nun gehört ihnen die Aufmerksamkeit der Fans. Anders als beim Football haben die Cheerleader nur wenig Zeit, ihre Showeinlagen an das Publikum zu verkaufen. Während der Spielunterbrechungen haben sie ihre Auftritte vor den durchschnittlich 2.000 Zuschauern in der Sömmeringhalle und demnächst in der Max-Schmeling-Halle. In den USA ist Cheerleading beim Basketball nichts Ungewöhnliches, doch in Deutschland steckt es noch in den Kinderstiefeln. Erst seit 1992 hat Alba Berlin eine Cheerleading-Truppe, die für das Entertainment am Rande des Spiels sorgt. Einer personellen Entscheidung seitens des Basketball-Erstligisten ist es wohl zu verdanken, daß das Cheerleading nun auch bei dieser Sportart die Fans bei guter Laune hält. 1991 kam Andrea Seefeld als Geschäftsführerin zu Alba Berlin. Die ehemalige Vizepräsidentin der Berlin Adler kannte das Cheerleading vom Football und wollte diese Art der Unterhaltung auch den Basketballfans schmackhaft machen. Ihre guten Kontakte in die USA verhalfen dem Cheerleading auf die Beine. Doch das Cheerleading beim Basketball ist anders als beim Football, denn hauptsächlich besteht das Programm aus funkigen Tänzen während der Spielunterbrechungen. »Unsere Mädchen sind eher ein Dance Team als ein Cheersquad, denn wir orientieren uns an der NBA, und dort steht das Tänzerische im Vordergrund«, erläutert Seefeld. Das Team besteht aus 15 Mädchen im Alter von 18-30 Jahren. Beruf, Schule und Privatleben sind ausschlaggebend dafür, daß sich der Kader jährlich verändert. An Spieltagen treten jedoch nur acht bis zehn Mädchen auf. Nur wer rege Trainingsbeteiligung zeigt, darf dabei sein. Das Niveau ist bereits so hoch geworden, daß Tryouts angelegt wurden, um die besten Mädchen für das Team auszuwählen. »Wir suchen unsere Teilnehmerinnen nach bestimmten Kriterien aus«, erklärt Seefeld, »Unsere Mädchen müssen über tänzerische Erfahrung verfügen, Ausstrahlung besitzen und figürlich ins Team passen.« Hat ein Mädchen den Sprung ins Dance Team geschafft, fängt das harte Training an. Im Juli wurde extra eine Trainerin aus den USA eingeflogen, um die Mädchen sieben Wochen lang auf die bevorstehende Basketball-Saison vorzubereiten. Den Verantwortlichen lag viel daran, eine Amerikanerin zu engagieren, damit das Team ideal vorbereitet ist. »Früher hatten wir deutsche Trainerinnen, die sich im Cheerleading zu wenig auskannten und den Stil der NBA nicht richtig vermitteln konnten,« erklärt Seefeld. Das intensive Training wurde von Jenny Deignan durchgeführt, die dem Dance Squad der Phoenix Suns angehört. »Jenny hat uns ganz neue Sachen beigebracht, die gut beim Publikum ankommen«, erzählt Anke Schönfelder begeistert. Die NBA dient lediglich als Vorgabe und soll nicht kopiert werden, sondern das Dance Team will mit eigenen Kreationen die Fans begeistern. Doch aus der NBA kommen die Inspirationen, denn dort gehört das Cheerleading schon seit Jahrzehnten zu einem wichtigen Bestandteil des Entertainments. Erfahrene Trainerinnen aus den USA können sicherlich das Niveau eines Cheersquads bedeutend anheben. Aber selbst für einen Verein wie Alba, der immerhin den Korac Cup gewann, wäre eine Trainerin aus den USA auf längere Zeit zu kostspielig. Doch auch für dieses Problem hat das Dance Team eine adäquate Lösung gefunden. Während der Saison wird das Team von Anke Schönfelder und Sabine Galley trainiert, die selbst im Team sind. Trainiert wird zweimal pro Woche. »Die meisten von uns haben aus beruflichen Gründen keine Zeit, öfter zu trainieren«, gibt Galley zu. Für die schweißtreibende Arbeit gibt es nicht nur Anerkennung. Der Verein stellt den Mädchen die Kleidung zur Verfügung, außerdem bekommen sie für die Auftritte eine finanzielle Entschädigung. »Wir haben drei verschiedene Outfits für unsere Auftritte«, berichtet Sabine Galley stolz. »Die Mädchen trainieren hart und werden, wie auch in der NBA üblich, mit etwa 30 Dollar pro Auftritt bezahlt«, berichtet Seefeld. Wer also denkt, daß man in der NBA als Cheerleader ans große Geld kommt, liegt falsch. Die meisten Cheerleader in der NBA gehen normalen Beschäftigungen nach oder arbeiten auch als Fotomodell. Ähnliche Wege gehen auch die Cheerleader von Alba Berlin. Sie treten nicht nur bei Spielen des Basketball-Teams auf, sondern sind auch bei anderen Veranstaltungen zu sehen. Die Sponsoren sind begeistert von den Mädchen und buchen sie oft für eigene Festivitäten... Das zusätzlich verdiente Geld dürfen die Mädchen selbst behalten. Der größte Auftritt außerhalb der Basketballarena war das Adidas-Streetball-Turnier. Vor tausenden von Zuschauern durften sie ihre Showeinlagen vorführen und lernten dabei sogar NBA-Star Detlef Schrempf kennen, der mit seinen Supersonics im Oktober nach Berlin kommt. »Für Detlef Schrempf eine Gasse bilden und vor dieser großen Kulisse aufzutreten, war für mich das schönste Erlebnis«, erzählt Anke Schönfelder. Was das Cheerleading beim Basketball betrifft, so tritt die Truppe nur bei Heimspielen von ALBA auf, da die Kosten für Auswärtsfahrten zu hoch sind. Außerdem ist es für ein Dance Team sehr schwer, in fremden Sporthallen organisatorisch eine Show vorzubereiten. Außerdem haben auch andere Basketballclubs Cheerleader, und die möchten sich natürlich nicht die Show stehlen lassen. Anders als beim Football pflegen die Cheersquads im Basketball keinen regen Kontakt untereinander. Doch das liegt wohl daran, daß das Cheerleading beim Basketball noch nicht so etabliert ist...

 

Battle Songs und Dance Beats

Nicht erst seit dem »Super Bowl Shuffle« der Chicago Bears oder Joe Montanas Gesangseinlage bei Huey Lewis & The News sind Sport und populäre Musik miteinander verbunden. In Deutschland hat sich seit dem Beginn der Begeisterung für amerikanische Sportarten immer wieder einmal ein Team bereit gefunden, seine Fans mit mehr oder weniger gelungenen Schallplatten oder CDs zu erfreuen. Da in den letzten zwei Jahren gleich drei deutsche Cheerleader-Squads aus dem Football-Bereich kleine Silberlinge auf den Markt gebracht haben, wollen wir die Gelegenheit nutzen, die Scheiben vorzustellen und ein bißchen Rückschau auf vergangene Football-Songs zu halten. Bereits das erste deutsche Footballteam, die Frankfurter Löwen, hatte gegen Ende der 70er Jahre eine Single veröffentlicht. »Football - the Supergame« war im damaligen Discosound aufgenommen und überraschte durch eine kurze Spielmoderation eines Touchdowns im Mittelteil. Man konnte prima mitgrölen! Da ließen sich die anderen seinerzeitigen Heroen der deutschen Footballwelt nicht lange bitten und zogen nach. Die Cologne Crocodiles erkannten »We All Need American Football«, und auch die Düsseldorf Pantherettes nahmen zusammen mit Spieler »Big O« Overton die Hitparaden in Angriff. Allerdings blieb der große Erfolg versagt, es waren wohl auch mehr die eigenen Fans als Zielgruppe angesprochen. Die 80er Jahre standen am Ende ganz im Zeichen der Berlin Adler. Sie konnten als erste ein Musikstück, eigens für einen dynamischen Einlauf komponiert, vorweisen, allerdings fand dieses Werk mit Namen »Fanfare for the Eagles« nie den Weg auf eine, zu jener Zeit noch vornehmlich schwarze Scheibe. Mit dem Aufstieg an die Spitze der Liga und der Verpflichtung von Billy Brooks wurde das alles ganz anders. Mit »We are the Berlin Eagles« und Billy als groovenden Sänger gelang den Adlern so etwas wie ein lokaler Erfolg in der Berliner Discotheken-Szene, obwohl die Scheibe sich heute durchaus in staubigen Plattenantiquariaten für wenig Geld erstehen läßt. Billy ging, aber der Club ließ es sich nicht nehmen, mit Hilfe von La Rose, einer Berliner Lokalmatadorin der Club-Szene, eine neue Maxi auf den Plattenmarkt zu schleudern. Da gab's dann »Touchdown« im »Extended Superbowl Mix« und die ansprechende Hip-Hop-Nummer »War«. Allerdings blieb der Erfolg des Vorgängers aus. Ähnlich bei »Bommie B. Beckenhower & the Yonder Kids«, die mit »42 pair of wings« eine weitere Platte, die die Adler als Motiv hatte, unabhängig veröffentlichten: Erfolg hatten sie zu Recht auch keinen. Die nächste Popmusik enthaltende, footballorientierte Veröffentlichung, lag erst am Anfang der 90er Jahre auf den Redaktionsplattentellern - sorry: selbstverständlich nun in den CD-Playern. Frankfurt Galaxy, World-League-Team der ersten Stunde, wollte 1992 endlich mal etwas eigenes. Des Queenschen »We Will Rock You« überdrüssig, präsentierte man dem Volk die Hymne »Touchdown, 1-2-3!«. Klar, daß hier die Cheerleader, neben »The Voice« Werner Reinke, ordentlich mitjubeln durften. Die Cheerleader des zweiten deutschen World-League-Teams, Rhein Fire, zeichnen dann auch für den 1995 erschienenen Silberling »Feel the Fire« verantwortlich. Hierbei waren dann sehr wohl Tanzbarkeit, »Mitgrölfähigkeit« und Spaß an der Sache ordentlich in »Beats per minute« umgesetzt worden, so daß ein Hitparadenerfolg zumindest zu wünschen gewesen wäre...

 

Inhalt

Postbox

Leser schreiben SPIRIT

 

Rundblick

KBH Cheerleader

Neuer Coach in Leverkusen

Vier Millionen Cheerleader

Blue Angels/Grey Angels

Fürth Blue Angels

Cheeky Welps

Freiburg Nuggets

Schweiz I

Lucky Ladies

Silverettes

Blue Stars

Goldflash

Goldflash Pee Wees

Schweiz II

Pantherettes

Great Orange Fire

Fischbach Flames

Princesses of Lions

Fighting Farmers

Cannon Girls/Sweet Guns

Cheerleading bald Olympisch?

 

Meisterschaften

Blue Angels machen Double perfekt

 

Porträt

Alba Berlin Dance-Team

 

Hot Stuff

Battle-Songs auf CD und Vinyl

 

NFL Europe

Von Claymores bis Admirals

 

On Tour

Beim COA-Camp in Jacksonville

 

Die ausführlichen Texte und viele Informationen mehr

finden Sie in der vorgestellten SPIRIT-Ausgabe