Verletzungen bringen Favoriten aus dem Tritt
In der NFL zeigte sich mal wieder, wie unberechenbar der
Sport ist und wie schnell alle Prognosen zunichte gemacht werden können.
Die Dallas Cowboys galten vor der Saison als der Favorit auf den Einzug in
den Super Bowl in der NFL, in der AFC wurden die New England Patriots und
San Diego Chargers am höchsten gehandelt. Das Finale erreichte am Ende
keines dieser drei Teams. Im Super Bowl standen sich stattdessen die
Pittsburgh Steelers und die Arizona Cardinals gegenüber, und mit einem
27:23-Sieg holten die Steelers ihren zweiten Titel innerhalb von vier
Jahren und wurden mit ihrem sechsten Super-Bowl-Erfolg Rekordmeister.
Rückblickend waren die Verletzungen zweier Quarterbacks wohl die
Schlüsselereignisse der Spielzeit 2008. Die erste gab es bereits am ersten
Spieltag. Im ersten Viertel der Partie der Patriots gegen die Kansas City
Chiefs zog sich Tom Brady von den Patriots eine schwere Knieverletzung zu,
die ihn die gesamte Saison kostete. Die Patriots schlugen sich zwar trotz
dieses Rückschlages achtbar, weil Ersatzmann Matt Cassel besser spielte
als es ihm die meisten zugetraut hätten (am Ende zehntbester Passer), aber
ohne Brady lief es dennoch schlechter. Die Patriots waren verwundbarer und
verloren in der Regular Season fünf Spiele, alle gegen Teams aus der
eigenen Conference (AFC). Die dadurch schlechte Conference-Bilanz (7-5)
kostete die Patriots am Ende bei Gleichstand mit dem Aufsteiger der
Saison, den Miami Dolphins (11-5-Bilanz nach 1-15 im Jahr zuvor), zunächst
Platz eins in der AFC East Division und dann den letzten
Wild-Card-Playoff-Platz im Tie Breaker mit den Baltimore Ravens. So blieb
das Team, das im Jahr zuvor alle 16 Regular-Season-Spiele gewonnen und
erst im Super Bowl verloren hatte, ohne Playoff-Teilnahme.
Das gleiche Schicksal ereilte auch das potenziell beste Team der NFC, die
Dallas Cowboys. Die hatten einen durchaus planmäßigen Start hingelegt
(4-1). Im sechsten Spiel kam es aber ganz dicke. Man verlor durch einen
geblockten Punt, nach dem der Gegner den Ball in der Endzone eroberte, bei
den Arizona Cardinals mit 24:30 nach Verlängerung. Wichtiger aber war,
dass sich QB Tony Romo in diesem Spiel den kleinen Finger seiner Wurfhand
brach und danach für drei Spiele fehlte. In den Spielen ohne Romo
kassierten die Cowboys zwei deftige Niederlagen bei den St. Louis Rams
(14:34) und den New York Giants (14:35), unterbrochen von einem
schmeichelhaften Heimsieg gegen die Tampa Bay Buccaneers (13:9), und
fanden sich plötzlich am Tabellenende der NFC East Division wieder. Nach
Romos Rückkehr lief es nur wenig besser, weil der doch nicht
hundertprozentig fit war, aber spielen musste, weil mit seinem Ersatzmann
Brad Johnson im Angriff gar nichts gegangen war. Die Misserfolge hatten
auch Auswirkungen auf das Nervenkostüm der Mannschaft. WR Terrell Owens
zeigte sich mal wieder von seiner dunklen Seite und begann Romo zu
kritisieren, weil der ihn angeblich nicht oft genug angespielt hätte. Den
traurigen Höhepunkt des Niedergangs der Cowboys gab es dann am letzten
Spieltag der Regular Season. An dem gab es ein KO-Spiel um den letzten
Playoff-Platz in der NFC zwischen den Philadelphia Eagles und den Cowboys
in Philadelphia. Die Partie endete mit einem Debakel für die Cowboys
(6:44), die Playoffs fanden ohne sie statt.
Dass es ausgerechnet die Eagles waren, die die Cowboys aus dem Rennen
warfen, entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Die Eagles hatten selbst
lange Zeit kein schönes Bild abgegeben. Nach einem peinlichen 13:13 bei
den Cincinati Bengals im zehnten Spiel und einer 7:36-Packung bei den
Baltimore Ravens im elften war die Saison so gut wie gelaufen (Bilanz:
5-5-1). Zudem hatte es Ärger gegeben, als Head Coach Andy Reid in
Baltimore QB Donovan McNabb wegen schwacher Leistung vom Platz genommen
hatte. Rückblickend wirkte diese Maßnahme Wunder. Die Mannschaft scharte
sich um ihren Leitwolf, gewann vier der letzten fünf Spiele und erreichte
letztlich gar das NFC Championship Game.
Die Rückschläge von Patriots und Cowboys sowie der eigentlich schwer zu
erklärenden Niedergang der Chargers (nach 4-8-Zwischenbilanz noch mit
8-8-Bilanz Sieger in der AFC West Division) machten den Weg frei für
andere. In der AFC erwiesen sich die Steelers dank der besten Abwehr der
Liga als das stärkste Team, in der NFC schlugen sic der
Super-Bowl-Gewinner des Vorjahres, die New York Giants, und die
überraschend starken Carolina Panthers am besten. Die Steelers blieben
auch in den Playoffs die Nummer eins der AFC, schalteten zunächst die
Chargers aus (35:24) und im AFC Championship Game auch die Baltimore
Ravens (23:14) und zogen zum siebten Mal in der Team-Geschichte in den
Super Bowl ein. In der NFC lief es nicht so nach Plan. Das Team der Stunde
waren hier die Arizona Cardinals, die in der schwächsten Division, der NFC
West, schon Wochen vor dem Ende der Regular Season als Divisionssieger
festgestanden hatten, sich dann etwas hängen ließen und gerade noch eine
positive Bilanz erreicht hatten (9-7). In den Playoffs war das Team um QB
Kurt Warner, der zehn Jahre zuvor mit den St. Louis Rams für Furore
gesorgt hatte (Super-Bowl-Gewinn in der Saison 1999), aber wieder voll da.
Nach Siegen gegen die Atlanta Falcons (30:24) und bei den Panthers (33:13)
besiegte man im NFC Championship Game die Eagles, die in der zweiten
Playoff-Runde den Titelverteidiger aus New York ausgeschaltet hatten
(23:11), mit 32:25 und zog zum ersten Mal seit 61 Jahren wieder in ein NFL-Finale
ein.
Der Super Bowl wurde, zumindest nach Meinung vieler Journalisten, zum
"Instant Classic". Erst 35 Sekunden vor Spielende schafften die
favorisierten Steelers den Touchdown zum 27:23, als WR Santonio Holmes in
der rechten Ecke der Endzone einen Pass von QB Ben Roethlisberger fing und
mit den Zehenspitzen den Boden innerhalb der Endzone zu berühren. Danach,
dass es so dramatisch werden würde, hatte es im ersten und dritten Viertel
überhaupt nicht ausgesehen. In diesen beiden Spielabschnitten hatten die
Steelers das Spiel im Griff, aber ohne sich eine wirklich deutliche
Führung zu erspielen. Das Ende der ersten Halbzeit und das vierte Viertel
entschädigten dann für vieles. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit standen
die Cardinals im Anschluss an eine Interception an der 34-Yard-Linie der
Steelers kurz vor deren Endzone. Statt auf 10:10 auszugleichen oder gar
mit 14:10 in Führung zu gehen, gerieten die Cardinals mit 7:17 in
Rückstand, als OLB James Harrison, der Defensive Player of the Year, einen
Pass von Warner auf Höhe der Goal Line abfing und mit einem
100-Yard-Return bei ablaufender Spielzeit den Touchdown erzielte. Als die
Steelers mit ihrem ersten Ballbesitz im dritten Viertel das 20:7
erzielten, sah es so aus, als sollten die Steelers zu einem letztlich
leichten Sieg kommen. Im letzten Viertel dominierten dann aber die
Cardinals, kamen zunächst auf 14:20 heran, dann mit Hilfe eines Safeties
auf 16:20, und etwas mehr als zwei Minuten vor Spielende gingen sie durch
einen 64-Yard-Passspielzug auf WR Larry Fitzgerald sogar mit 23:20 in
Führung. Im Gegenzug entwischte Ben Roethlisberger mehrmals dem Druck von
Arizonas Verteidigern und entschied mit seinem Pass auf Holmes das Spiel.
Im College Football ging es nicht ganz so verrückt zu wie im Jahr zuvor,
aber packend war es erneut, und wieder spielten sich Teams in die Spitze,
denen man das nicht zugetraut hatte. Letztlich holte sich Florida seinen
zweiten Titel innerhalb von drei Spielzeiten. Im National Championship
Game schlugen die Gators Oklahoma mit 24:14. Die Besetzung des Finales war
aber, wie so oft in den letzten Jahren umstritten. Der Ärger hatte schon
am Ende der Regular Season begonnen, als es darum ging, wer in der South
Division der Big Twelve Conference in deren Championship Game einziehen
sollte. Die Entscheidung hier war praktisch eine Vorentscheidung über den
Einzug ins nationale Endspiel, weil jeder der drei Kandidaten - Texas,
Oklahoma und Texas Tech - im Conference-Finale favorisiert war. Die drei
wiesen untereinander je einen Sieg und eine Niederlage. Das Rennen machte
Oklahoma, trotz Niederlage gegen Texas. Im Conference Championship Game
schlugen die Sooners Missouri und belegten am Ende Platz eins in der
Computer-Rangliste der BCS. Platz zwei ging an Florida, das eine
Niederlage gegen Mississippi (30:31) auf dem Konto hatte, aber im SEC
Championship Game den bis dahin ungeschlagenen Spitzenreiter der
BCS-Rangliste, Alabama, mit 31:20 besiegte. Neben Texas grämte sich vor
allem Utah darüber, dass es nicht ins Finale einzog. Die Utes waren das
einzige ungeschlagene Team, weil sie aber in einer der schwächeren
Conferences spielen, kamen sie in der Rangliste nicht weit genug nach
vorn. Im Sugar Bowl bestätigten die Utes ihre starke Saisonleistung mit
einem erstklassigen Auftritt und einem 31:17-Sieg gegen Alabama. Danach
hofften sie, wenigstens in den abschließenden AP Top 25
(Journalisten-Umfrage) auf Platz eins zu klettern. Das passierte nicht,
weil Floridas Leistung gegen Oklahoma, vor allem die der Abwehr gegen den
produktivsten Angriff der College-Football-Geschichte, zu stark war.
In der GFL ging es zwar sowohl in der Regular Season als auch im Finale
spannend zu, aber der Ausgang hatte letztlich etwas von Langeweile. Die
Braunschweig Lions standen zum zwölften Mal in Folge im German Bowl,
holten sich ihren vierten Titel in Folge und wurden mit ihrem siebten
Titelgewinn zum Rekordmeister. Eine solche Dominanz eines Teams ist im
Grunde tödlich für eine Sportart. So wie sich in den Jahren zuvor die
Marburg Mercenaries und Stuttgart Scorpions vergeblich versucht hatten,
die Herrschaft der Lions zu beenden, so waren es dieses Mal die Kiel
Baltic Hurricanes. Gecoacht vom einstigen Meistercoach der Lions, Kent
Anderson, hatten die Hurricanes die Lions mit einem 33:14-Sieg im letzten
Punktspiel von der Spitze der GFL Nord verdrängt. In den Playoffs war der
Titelverteidiger dann wieder Chef im Ring. 32:10 gegen die Munich Cowboys
im Viertelfinale, 49:21 beim Süd-Meister Marburg im Halbfinale waren die
Stationen auf dem Weg ins Endspiel in Frankfurt. Kiel qualifizierte sich
mit einem 47:21 gegen die Weinheim Longhorns im Viertelfinale und einem
17:12 gegen die Berlin Adler, den letzten Endspiel-Sieger gegen
Braunschweig (2004), im Halbfinale für den German Bowl. Der war vor mehr
als 16.000 Zuschauern eine spannende Angelegenheit. Kiel hatte etwas mehr
vom Spiel, die Lions aber legten zweimal vor 7:0 und 14:7. Kiel schaffte
beide Male den Ausgleich. Die Entscheidung fiel rückblickend sechs Minuten
vor Spielende, als RB Michael Andrew, der nach 149 Yards und zwei
Touchdowns zum MVP des Spiels gekürt wurde, mit seinem zweiten Touchdown
(3-Yard-Lauf) das 20:14 erzielte. Ein Fumble von QB Adrian Rainbow drei
Minuten vor Spielende und eine Interception eine Minute vor Schluss
beendete dann Kiels Traum vom Titel endgültig.
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Ben Roethlisberger QB Pittsburgh
Steelers |
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Kurt Warner WR Arizona Cardinals |
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German Bowl MVP Michael Andrew |
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